An Walter – ein offener Brief an einen verstorbenen Freund.
Lieber Walter,
wer dich gekannt hat, weiß, wie wichtig dir das Theater und die Freilichtbühne waren. Und wie wichtig dir die Menschen an der Freilichtbühne waren. Er kann erahnen, wie traurig diese nun sind.
Mit nur 9 Jahren kamst du 1932 an die Bühne, als Dr. Hollo einen Pferdeburschen für seine „Wilhelm Tell“- Inszenierung suchte.
Allein für die Premiere am 1. Pfingsttag kamen weit mehr als 1000 Menschen den Berg hinauf, um die Aufführung zu erleben. Was muss das aufregend für dich gewesen sein! Und so ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass bei dir die Liebe zum Theater entbrannte und dich nicht mehr losgelassen hat.
1939 hast du als Robinson deine erste Titelrolle in „Robinson darf nicht sterben“ gespielt.
Menschen wie dir haben wir zu verdanken, dass die Bühne nach den Kriegsjahren wieder zum Leben erwachte. 1954 warst du in „Egmont“ als Hauptdarsteller zu sehen. Unzählige Rollen folgten. Zusammen mit Gisela Meier und deinem Bruder Günther hast du Anfang der 60er Jahre Kinderstücke auf die Bühne gebracht, um zum einen neues Publikum zu gewinnen und zum anderen neue Darsteller für das Theater zu begeistern und sie mit der Bühne und dem Spiel vertraut zu machen. Dreimal hast du im „Faust“ mitgespielt: als „Dr. Faust“ (1957), als „Mephisto“ (1988) und als „Der Herr“ (2004) – diesen Aufstieg soll dir erst einmal einer nachmachen.
Gern denkt jeder an den Milchmann „Tevje“ aus „Anatevka“ zurück, aber auch an deine letzte große Rolle auf der Freilichtbühne: „Abbé Faria“ in „Der Graf von Monte Christo“.
In all den Jahren, in denen du in den Inszenierungen auf der Freilichtbühne und im Innentheater maßgeblich mitgespielt hast, hast du es verstanden, Rollen auf der Bühne zu leben und sowohl das Publikum, als auch deine Mitspieler zu begeistern und mitzureißen.
Und als wäre all das nicht genug, hast du auch Regie geführt und 1964 als kommissarischer
1. Vorsitzender sowie von 1966 bis 1978 dem Vorstand der Bühne in verschiedenen Positionen angehört.
Die Liste deiner Tätigkeiten an der Bühne ist lang.
Es gab für dich auch keine Generationskonflikte. Dein Interesse lag gleichermaßen bei den Kindern und den Erwachsenen an der Bühne. Du hattest für alle ein offenes Ohr und hast die handwerklichen Fähigkeiten des Theaterspielens gerne weitergegeben.
Auch im Bereich der Atem- und Stimmtechnik warst du vielen Mitspielern eine große Hilfe, um laut und deutlich über die Bühnenkante „hinweg“ zu kommen.
In einer Ortschronik ist zu lesen: „Die Freilichtbühne bringt eine beachtliche Bildungs- und Integrationsleistung. Niemand verkörpert das mehr als Walter Rommelmann.“
Bei so viel Lob und Anerkennung könnte man glauben, du wärst unnahbar gewesen - aber nein, das ist weit gefehlt. Du strahltest stets die Grundhaltung und das Bewusstsein aus, das deine Erfolge nicht allein auf deinem Leistungsvermögen beruhen, sondern der Spielgemeinschaft mit zu verdanken sind. Auch darin warst du ein großes Vorbild.
Für die Freilichtbühne warst du als Mensch, Schauspieler, Chronist und Freund unverzichtbar.
Doch jetzt heißt es: Abschied nehmen. Aber glaube mir: „Du fehlst in unserer Mitte!“.
Danke für all das, was du für die Bühne geleistet hat. Du wirst unvergessen bleiben.
Andreas Müller als 1. Vorsitzender